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Hans Baluschek: „Der Spiritualismus“, 1892
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Oliver Ziebe, Berlin

Zuflucht vor der Weißen Frau

Thementour

Die „Weiße Frau“ soll es in mehreren Schlössern und Burgen Europas gegeben haben. „Um die Erscheinung im sandfarbenen Gewand und einem Schleier aus Spinnweben ranken sich viele Sagen“, heißt es zum Beispiel bei W. Schwarz Sagen und alte Geschichten der Mark Brandenburg für Jung und Alt von 1871. 

Schon im 14. Jahrhundert tritt sie bei den Hohenzollern zum ersten Mal in Erscheinung – in Gestalt der Kunigunde von Orlamünde (um 1303 – 1382), die aufgrund unerwiderter Liebe zu Burggraf Albrecht von Nürnberg (der Schöne, 1319 – 1361) und eines Missverständnisses ihre beiden Kinder tötete. Künftig „umherzugehen“, sollte ihre Strafe sein. Mit dem Bau des Berliner Schlosses 1442 „verlegte“ der Volksmund diesen „Todesengel“ dort hin. Kurz nach ihrem Erscheinen verlor immer ein Mitglied der Hohenzollern sein Leben, sie legte aber nie selbst Hand an, sondern weissagte nur das Ereignis. Joachim II. (1505 – 1571) soll sie alle Tode der Familie vorhergesagt haben und spätestens mit dem Ableben seines Sohnes Johann Georg (1525 – 1598) hatte sie bereits einen festen Platz in der Überlieferung eingenommen.

Unbekannter Künstler: Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg, Öl auf Lwd., zwischen 1608 und 1616
© Stadtmuseum Berlin

Flucht in die Poststraße

Dem Enkel Johann Georgs, Kurfürst Johann Sigismund (1572 – 1619) erschien sie ebenfalls. Deshalb „flüchtete“ er zum wiederholten Male am 22.11.1619 zu seinem langjährig vertrauten Kammerdiener Anton Freitag in dessen Haus in der Poststraße 4. Dort verstarb der Kurfürst etwa vier Wochen später im Beisein seiner Familie.
Die Weiße Frau hatte ihn auf dem Gewissen – so will es die Legende.

Anton Freitag stiftete seinem Dienstherren eine Gedenktafel mit einer lateinischen Widmung, die er über dem Sterbebett anbringen ließ. Die Inschrift lautet frei übersetzt:
„Im Jahre Christi 1619, am 23. Dezember, nachmittags 3 Uhr gab an dieser Stelle nach Überwindung der Leiden dieser Welt und nachdem er 47 Jahr, 1 Monat und 4 Tage auf dieser Erde gelebt Gott seine Seele zurück der erlauchteste Fürst und Herr, Herr Johann Sigismund …“.

Portrait Ernst Friedel, um 1895
© Stadtmuseum Berlin

Die Spur ins Märkische Museum

Seit 1875 ist die Gedenktafel auch ein Thema für das Märkische Museum. Während sowohl das Original als auch die Replik verloren gingen, ist die Weiße Frau Bestandteil des Sagenschatzes geworden. Wahrheit und Legende spiegeln sich in den Akten des Hausarchivs wider.