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Reißzeug aus dem Besitz von Eduard Knoblauch, 1847
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Michael Setzpfandt

Reißzeug des Architekten Eduard Knoblauch (1847)

Objekt des Monats September 2021

Ein Reißzeug nutzt heute kaum noch jemand, selbst die Wortbedeutung ist fast vergessen. Aber noch bis in die 1970er Jahre war solch ein Set präziser Zeichengeräte das wichtigste Werkzeug, um ein Bauwerk detailliert auf einem Bauplan darstellen zu können. Das hier vorgestellte Exemplar gehörte dem Architekten der Neuen Synagoge, Eduard Knoblauch (1801–1865).

Geboren wurde Eduard Knoblauch vor 220 Jahren, am 25. September 1801, im Knoblauchhaus. Während sein älterer Bruder Carl die Seidenhandlung des Vaters weiterführte, absolvierte Eduard ein Studium an der Berliner Bauakademie. Mit einer Studienreise nach Frankreich und Italien schloss er seine Ausbildung ab und gründete 1830 ein Architekturbüro.

Im Unterschied zu seinem in staatlichem Auftrag tätigen Zeitgenossen Karl Friedrich Schinkel war Eduard Knoblauch ein Privatbaumeister. Er entwarf viele Berliner Wohnhäuser, etliche Villen und Schlösser, aber auch Krankenhäuser, Bahnhöfe und Vergnügungsstätten. Sein Hauptwerk ist die Neue Synagoge in der Oranienburger Straße. Mit ihrer Fassade und Kuppel im maurischen Stil ist sie damals wie heute eine Attraktion.
Ansicht der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße, Gemälde von Emile de Cauwer, 1865
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Oliver Ziebe

Einfache Grundausstattung aus der Nachbarschaft
Eduard Knoblauchs Reißzeug ist ein vergleichsweise einfaches Set, eine aufs Nötigste reduzierte Grundausstattung: In einem mit Samt ausgeschlagenen Etui befinden sich verschiedene Zeichengeräte, allen voran die nadelspitze Reißfeder. Mit ihr wurde die Zeichnung ins Papier geritzt, „gerissen“, wie man sagte, und daher bezeichnet man bis heute eine Bauzeichnung auch als „Riss“. 

Bezog seine Zeichengeräte aus der Nachbarschaft: Architekt Eduard Knoblauch, Kupferstich eines unbekannten Künstlers, um 1830
© Stadtmuseum Berlin / Familienarchiv Knoblauch
Ein Stechzirkel diente dem Maßnehmen und ein zweiter Zirkel mit drei Wechselspitzen als Multifunktionsgerät, mit dem „gerissen“ oder mit Bleistift bzw. Tinte gezeichnet werden konnte. Ein Dreieck und ein Lineal ergänzen das Set, während das früher dazugehörige Tusche-Schälchen aus Porzellan heute fehlt. Das Objekt stammt aus dem Nachlass Eduard Knoblauchs und befindet sich seit 1996 als Dauerleihgabe der Nachkommen in der Sammlung des Stadtmuseums Berlin.

Derartige Präzisionsinstrumente bezog man in Berlin meist aus der 1836 gegründeten Werkstatt des „Mechanicus“ Carl Lüttig. Es war mit 24 Beschäftigten das größte und bekannteste Unternehmen seiner Art und befand sich im Nikolaiviertel, in der Poststraße 10, nur wenige Schritte vom Geburtshaus Eduard Knoblauchs entfernt.