OLA – Office for Living Architecture, Wettbewerb „Haus der Zukunft“, 2012, Perspektive
© OLA

Closer to Nature. Bauen mit Pilz, Baum, Lehm

Wo der Mensch baut, wird Natur zerstört. Dieses Dilemma wird immer deutlicher angesichts endlicher Ressourcen und dem enormen Anteil, den das Bauen an der Erderwärmung trägt. Drei Berliner Projekte zeigen in der Berlinischen Galerie, wie die Gegen- zu Mitspieler:innen werden können. Das Stadtmuseum Berlin ist mit dem Modell der Kapelle der Versöhnung in der Sonderpräsentation vertreten.

von Gerd Heinemann

Ausstellung: 16.02. – 14.10.2024

Bei den drei Projekten setzen interdisziplinäre Teams mit Hilfe modernster Technologien auf die Potentiale von Pilzen, Bäumen und Lehm. Ihre Bauten gewinnen aus den grünen Werkstoffen eine ökologische Qualität, aber auch einen völlig neuen Charakter: Sie atmen, wachsen und werden somit selbst lebendig. Das überraschend sinnliche Erleben dieser Architektur schafft eine bewusste Beziehung zu unserer Umwelt und kann damit über das Materielle hinaus nachhaltig wirken. In der Ausstellung machen raumgreifende Installationen dies erfahrbar. Daneben erläutern Skizzen, Pläne, Fotografien und Modelle die drei Ansätze und Entwürfe einer zukunftsweisenden Baukultur.

Das Architekturmodell zur Kapelle der Versöhnung
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Ines Hahn, Bearbeitung: Romina Becker

Leihgabe des Stadtmuseums Berlin

Am 9. November 2000 wurde die Kapelle der Versöhnung an der Bernauer Straße eingeweiht. Genau 15 Jahre danach hat die Evangelische Versöhnungsgemeinde dem Stadtmuseum Berlin das originale Architekturmodell dieses bedeutenden Bauwerks geschenkt – ein vielgelobter Entwurf, der aufgrund seiner ansprechenden äußeren Form und seiner einzigartigen Bauweise nicht nur bei Fachleuten Aufsehen erregte.

Die Kapelle der Versöhnung ist das Zentrum der Evangelischen Versöhnungsgemeinde im Berliner Ortsteil Wedding des Stadtbezirks Mitte und zugleich Bestandteil der Gedenkstätte Berliner Mauer. Sie erinnert an die Zeit der Teilung Berlins und an die Zerstörung der Versöhnungskirche.
 
An der Bernauer Straße auf Ost-Berliner Gebiet gelegen, stand dieses 1892-94 im neugotischen Stil aus rotem Backstein errichtete Gotteshaus seit 1961, für die Bürger unzugänglich, inmitten des befestigten Grenzstreifens. Im Januar 1985 wurde die Versöhnungskirche schließlich auf Regierungsbeschluss der DDR gesprengt, um ein freies Sichtfeld für die Grenztruppen zu schaffen.
 
Deutlich sichtbare Konturen zeichnen auf dem Boden rund um die Kapelle am originalen Ort die Grundmauern der historischen Versöhnungskirche nach.

Einzigartiger Sakralbau

Die Kapelle der Versöhnung geht auf einen Entwurf der Berliner Architekten Rudolf Reitermann und Peter Sassenroth zurück. Doch statt, wie vom Architekten vorgesehen, für Beton – den Baustoff der Berliner Mauer – entschied sich die Versöhnungsgemeinde für Lehm und Holz. So verwirklichte Lehmbaukünstler Martin Rauch mit der Kapelle der Versöhnung nicht nur einen in seiner Schlichtheit und Schönheit herausragenden Sakralbau, sondern auch den ersten öffentlichen Stampflehmbau diesseits der Alpen seit 150 Jahren.

Das Architekturmodell im Maßstab 1:50, das dem Stadtmuseum Berlin von der Versöhnungsgemeinde übereignet worden ist, unterscheidet sich in einigen Punkten vom letztlich ausgeführten Bau und zeugt so auch von dessen bewegter Entstehungsgeschichte. Aus hellem Holz, Keramik und Kunststoff gefertigt, vermittelt das rund 70 x 80 cm große und 45 cm hohe Modell einen Eindruck von der Leichtigkeit des Gebäudes, in dem sich die Geschichte der Teilung Berlins wie an keinem zweiten Ort der Stadt widerspiegelt.

Ausstellungsort

Ort
Berlinische Galerie
Alte Jakobstraße 124 – 128
10969 Berlin

Öffnungszeiten
Mi – Mo | 10 – 18 Uhr
Di geschlossen
Außerdem geschlossen am 24. und 31.12.