Panzer als Symbol
Nach der Kapitulation Nazi-Deutschlands zeugten tausende von Panzerwracks überall in Berlin vom Schrecken und der Sinnlosigkeit des Krieges. Bald darauf wurden Panzer zum Symbol des Sieges und der Stärke. Doch auch dies sollte sich bald wieder ändern.
Panzer hatten und haben neben ihrer militärischen Bedeutung immer auch eine symbolische. Welche das war, wandelte sich im Laufe der Jahrzehnte immer wieder. Wie, das stellen wir an drei ausgewählten Panzer-Denkmälern aus Berlin und Umgebung vor.
Sowjetisches Ehrenmal (Tiergarten)
Straße des 17. Juni
Die Bauarbeiten begannen im Juli 1945. Schon am 11. November desselben Jahres wurde das Ehrenmal als sichtbares Symbol des Sieges der Roten Armee über das nationalsozialistische Deutschland eingeweiht. Zugleich erinnerte es an die rund 80.000 Angehörigen der Roten Armee, die bei der Schlacht um Berlin ums Leben gekommen waren. Rund 2.500 von ihnen wurden auf dem Gelände des Ehrenmals beigesetzt. Zur Einweihung hielten die alliierten Streitkräfte vor dem Ehrenmal eine gemeinsame Militärparade ab.
Das Monument, entworfen von dem sowjetischen Architekten Nikolai Sergijewski, besteht aus einer halbkreisförmigen Säulenanlage, ausgestattet mit einem Obelisk, der vom sowjetischen Bildhauer Lew Kerbel geschaffenen Bronzestatue eines sowjetischen Soldaten, zwei Haubitzen und zwei sowjetischen Panzern vom Typ T-34/76. Beide sollen am Endkampf um Berlin 1945 beteiligt gewesen sein. An Gedenk- und Staatsfeiertagen der Sowjetunion war das Ehrenmal mit seinen Panzern und Haubitzen alljährlich Schauplatz von Festakten, an denen hochrangige Vertreter der Sowjetunion und der DDR teilnahmen.
In West-Berlin und der Bundesrepublik war das symbolisch aufgeladene Ehrenmal umstritten. Immer wieder stand es im Mittelpunkt antikommunistischer Proteste – etwa während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953 in der DDR. In westdeutscher Literatur und Politik wurde es als „drohender Vorposten des Ostens im Herzen der deutschen Hauptstadt“ beschrieben, als „demütigendes Siegerdenkmal im freien Teil der Stadt“. Nach dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 wurden zusätzliche Sicherungsmaßnahmen ergriffen, um das Ehrenmal zu schützen. Ein Stacheldrahtzaun wurde gezogen, neben sowjetischen sicherten vorübergehend auch britische Soldaten die Anlage.
Nach dem Fall der Berliner Mauer und der deutschen Wiedervereinigung kam das Ehrenmal in die Obhut des Berliner Senats. Mit dem deutsch-sowjetischen Abkommen vom 16. Dezember 1992 verpflichtete sich das wiedervereinigte Deutschland dauerhaft dazu, das Ehrenmal zu schützen und erhalten. Die Diskussionen um seine Erhaltung waren damit jedoch nicht beendet.
Panzerdenkmal Checkpoint Bravo
Kleinmachnow (Zehlendorf)
Stattdessen wurde in Kleinmachnow 1954 ein neues Denkmal errichtet und am 7. Oktober 1955 eingeweiht. Beim Bau des DDR-Grenzübergangs Drewitz wurde es 1969 nochmals umgesetzt und so aufgestellt, dass Transit-Reisende es sehen konnten, ja sehen mussten, wenn sie West-Berlin erreichten oder verließen – ein weithin sichtbares Symbol für die Stärke und das Selbstbewusstsein der Sowjetunion.
Auf einem dynamisch geformten, rau verputzten Beton-Sockel von sechs Metern Höhe unmittelbar hinter der Berliner Mauer stand ein Kampfpanzer vom Typ T-34/85. Wie die Panzer am Ehrenmal im Tiergarten soll auch dieser am Kampf um Berlin beteiligt gewesen sein. Platziert war er so, dass Reisende ihn von der Seite sehen konnten, die Mündung der Kanone auf Berlin gerichtet. Dass die Oberseite des Denkmals nach vorn leicht anstieg, verlieh dem Panzer eine kraftvolle, martialische Wirkung. Seitlich unterhalb des Panzers trug der Sockel in russischer und deutscher Sprache die Inschrift „Ruhm der sowjetischen Armee“. Eine Gedenktafel auf der Rückseite erinnerte an gefallene sowjetische Offiziere.
Nach dem Mauerfall 1989 änderte sich das Erscheinungsbild des Denkmals rasch. Die inzwischen von Graffiti überzogene Mauer bekam Lücken. Der Panzer auf dem Denkmal dahinter war zeitweise mit weißen Luftballons geschmückt, vielleicht als Symbol für die Hoffnung auf Frieden. Der Turm mit der Kanone war nun nicht mehr auf West-Berlin gerichtet, sondern nach links auf den ehemaligen DDR-Grenzkontrollpunkt geschwenkt. Die deutsche Wiedervereinigung 1990 leitete das Ende für das Ehrenmal ein. Die Rote Armee entfernte den Panzer von seinem Sockel und überführte in zurück in die Sowjetunion.
Panzerwrack russische Botschaft
Unter den Linden
Im Frühjahr 2023 sorgte eine Kunst- und Protest-Aktion in Berlin für Aufmerksamkeit: Am letzten Februar-Wochenende wurde direkt vor der russischen Botschaft Unter den Linden das Wrack eines zerstörten russischen Panzers vom Typ-72 aufgestellt. Die Aktion fand am Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine am 24. Februar 2022 statt und verband künstlerischen Ausdruck mit politischem Protest.
Das zerstörte Fahrzeug gehörte zur 37. Motorisierten Garde-Schützenbrigade der russischen Streitkräfte. Ende März 2022 war es nahe der ukrainischen Hauptstadt Kiew (Kyjiw) durch eine Mine zerstört worden. Die Initiatoren der Aktion, darunter Enno Lenze und Wieland Giebel vom Museum Berlin Story Bunker, ließen den Panzer mit Unterstützung des ukrainischen Verteidigungsministeriums und des Nationalen Museums der Geschichte der Ukraine im Zweiten Weltkrieg in die deutsche Hauptstadt bringen.
In verschiedenen Städten der Ukraine waren schon seit Beginn des Krieges zerstörte russische Panzer zur Schau gestellt worden, später auch in Polen und anderen Ländern des östlichen Mitteleuropas. Die Berliner Installation sollte symbolisch auf die Brutalität des Angriffskriegs hinweisen und Solidarität mit der Ukraine ausdrücken. Sie wurde aber auch als provokativ empfunden, denn sie brachte den Krieg im wörtlichen Sinn nach Berlin. Zudem war die Kanone des entmilitarisierten Panzers auf das Botschaftsgebäude gerichtet. Mit-Initiator Wieland Giebel bezeichnete den Panzer gegenüber der Presse als ein „Symbol des Untergangs“: So wie die nationalsozialistische Herrschaft untergegangen sei, werde auch das russische Regime untergehen.
Während der mehrtägigen Auktion auf der Mittelpromenade wurde der Panzer für spazierengehende und protestierende Menschen zu einem Treffpunkt, der zum Nachdenken und zum Meinungsaustausch einlud. Eine Ausstellung informierte über die militärischen und politischen Hintergründe. Nach dem Ende der Berliner Aktion war der Panzer auf verschiedenen Stationen im Ausland zu sehen, zunächst in den Niederlanden.