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Eine Kopfweide auf dem Dorfplatz im Freilichtmuseum
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Katrin Pfützner

Die Weide, ein Allroundtalent

Weiden-Arten im Museumsdorf Düppel

Sal-Weiden, Kopfweiden und Korbweiden: Im Museumsdorf Düppel gehört nicht nur der mittelalterliche Dorfplatz zur Freilichtausstellung. Auch die Kultivierung und Nutzung von Weidenpflanzen ist Teil des Museumskonzepts. Das freut nicht nur die Tierwelt.

Auch auf dem Dorfplatz wachsen Weidenpflanzen
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Katrin Pfützner
Weltweit gibt es ungefähr 300 bis 400 verschiedene Arten von Weiden. Alle sind wahre Überlebenskünstler. Sie trotzen selbst alpinen Wintern oberhalb von 3000 Metern Höhe, Überflutungen überstehen sie selbst dreihundert Tage lang nahezu unbeschadet, und sie regenerieren sich, selbst wenn man ihnen regelmäßig alle Äste nimmt. Darüber hinaus ist die Weide ein äußerst großzügiges Gewächs, denn sie bietet über 2500 Insektenarten Nahrung und versorgt sie mit Pollen und Nektar.

Überlebenswichtig für Insekten ist die Weide gerade im zeitigen Frühjahr, also in der Zeit von Januar bis Mitte März. Während viele Pflanzen noch in den Startlöchern stehen, übernimmt die Weide zusammen mit den Eichen die Erstversorgung der Honig- und Wildbienen, Hummeln, Käfer und Schmetterlinge, die von und mit ihr leben. Zudem bietet sie Brutplätze für die stark bedrohten Greifvögel. Ein weiterer Nutznießer ist der Biber, der sich rund acht Monate im Jahr von der Weidenrinde ernährt.

Natürliches Flechtmaterial
Wir Menschen profitieren wiederum seit der Antike von der schmerzstillenden Wirkung der Rinde und benutzen die Äste als Flecht- und Baumaterial für Zäune und Körbe. So bestehen die Weidezäune im Museumsdorf Düppel ebenfalls aus diesem natürlichen Material und werden regelmäßig in Handarbeit neu geflochten.

Zum Flechten eignen sich am besten die Zweige der Korbweiden. Binde- und Hanfweiden bestehen aus dünneren Zweigen und ersetzten lange Zeit teure (Hanf-)Schnüre. Auch Dotterweiden sind zum Flechten geeignet, sie zeichnen sich durch gelbe Zweige aus. Für den Blumenstrauß werden noch heute gern Zweige von Reif-Weiden mit den großen, Kätzchen genannten, Blüten geschnitten.

Die Weiden, botanisch Salix genannt, enthalten desinfizierende Salicylsäure, die früher als Konservierungsmittel genutzt wurde. Bis vor gar nicht allzu langer Zeit bevorzugte man Weidenstiele für die Herstellung von Besen und Harken – die desinfizierenden Stiele schützten vor bakteriell entzündlichen Blasen. Neuerdings baut man moderne Weiden-Züchtungen auf Feldern als „fast growing trees“, also schnell wachsende Bäume, an. Ihr Holz wird nach wenigen Jahren als nachwachsender Rohstoff und Energielieferant abgemäht.

Im Frühjahr gibt es Weidekätzchen
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Katrin Pfützner

„Superfood“ Sal-Weide

Für Bienen und für Blüten suchende Insekten sind die früh-blühenden Sal-Weiden besonders wichtig. Denn das Frühjahr ist eine echte Hungerzeit für Insekten. Die Sal-Weiden haben viel Eiweiß im Angebot. Vor allem die männliche Pflanze mit den üppigen gelb-blühenden Kätzchen liefert den Insekten Pollen- und Nektar-Nahrung. Für Schmetterlinge gehören die Sal-Weiden sogar zu den Hauptnahrungsquellen.

Sal-Weiden stehen aufgrund ihrer großen Bedeutung für Insekten jedes Jahr ab März unter Schutz und dürfen bis Ende September nicht geschnitten werden. Besonders ist dabei zu beachten, dass Sal-Weiden maximal auf die halbe Astlänge gekürzt werden sollten, damit im Frühjahr genügend Blühmaterial vorhanden ist. Demgegenüber werden die Kopfweiden am besten fachmännisch komplett zurückgeschnitten.

Natürlicher Frühjahrsschmuck: Weidekätzchen im Museumsdorf Düppel
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Robert Bussler

Weiden selbst anpflanzen

lle schmalblättrigen Weiden lassen sich einfach vermehren. Dazu schneidet man einen 5 bis 20 cm dicken und ca. 50 bis 100 cm langen Ast im Winter von einer Weide ab, die im Frühjahr durch Weidenkätzchen aufgefallen ist und steckt ihn zur Hälfte in feuchte Erde. Spätestens im Mai beginnt er auszutreiben und wächst schnell heran.
Die Sal-Weide wurzelt nicht gut, ihre Samen keimen aber leicht in feuchten Böden. Leider wird sie zu selten erkannt und wie auch andere – ökologisch wertvollen Weiden – als unordentlich wuchernder Wildwuchs beseitigt.

In Gärtnereien werden oft Züchtungen angeboten, die manchmal kaum Blüten hervorbringen und aufwendige Pflege brauchen. Wer Freude an Weiden im Garten haben möchte, braucht feuchten, schweren Boden. Wo es zu trocken ist, gedeihen Weiden sehr schlecht, aber ausprobieren sollte man es auf jeden Fall mit kostenfreien Stecklingen, die in großen Mengen beim Pflegeschnitt anfallen.

Mitarbeit: Achim Förster, Fördererkreis Museumsdorf Düppel e.V.