Dora Dean und Charles Johnson auf einer Postkarte, um 1905
© Stadtmuseum Berlin | Hersteller: Georg Kurtze, Leipzig

Dora Dean

Als Tanz- und Mode-Ikone bezauberte Dora Dean um 1900 ihre Fans. Auch Berlin eroberte sie mit dem Cakewalk, der als Modetanz Kultur und Alltag der Stadt tiefgreifend prägte.

von Deborah Pomeranz

Dora Dean wurde 1872 in Cloverport (Kentucky, USA) geboren, damals eine Stadt mit etwa 850 Einwohner:innen. Als Achtzehnjährige versuchte sie ihr Glück in der Großstadt St. Louis, wo sie sich einer Schwarzen Varietéschau anschloss. Zur Besetzung gehörte auch der zwei Jahre ältere Tanz-Autodidakt Charles Johnson, den sie 1893 heiratete.

Johnson and Dean: Ikonen des Cakewalks

Nach der Hochzeit begaben sich Dean und Johnson nach New York, wo sie als Cakewalker:innen bald auf den größten Broadway-Bühnen standen. Der Cakewalk entstammte der Afroamerikanischen Kultur der US-amerikanischen Südstaaten, wo er als Parodie auf die steifen gesellschaftlichen Normen der versklavenden Oberschicht entstanden war. Tourende Varietéprogramme verbreiteten den Tanz, der Dean und Johnson schließlich in die so genannte Hochkultur brachte. Sie waren nicht nur möglicherweise die ersten Schwarzen Darsteller:innen auf dem Broadway, sondern auch die ersten, die dort ein Stück aus der Afroamerikanischen Kulturtradition vorführten.

Postkarte aus der Reihe „Cake-Walk“, vor 1905
© Universitäts- und Stadtbibliothek Köln| Herstellung: Paul Fink, Berlin
Markenzeichen ihrer Auftritte war die elegante Abendgarderobe, die dem satirischen Ursprung des Tanzes entsprang. Während Johnson maßgeschneiderte Anzüge in Lila, Altrosa oder Perlgrau bevorzugte, trug Dean aufwendige Kleider und edlen Schmuck. Der Verdienst aus den Auftritten wurde in Kostüme für die nächste Aufführung investiert. Die New Yorker Erfolge mündeten 1901 in das erste ausländische Engagement – in Berlin.

Die europäischen Jahre

Für die einmonatige Verpflichtung im Wintergarten-Theater in der Friedrichstraße brachten Dean und Johnson sowohl die luxuriösen Kostüme als auch die Musik und Bewegungen des Cakewalks mit. Sie selbst und der hier vorher unbekannte Tanz wurden zu einer Sensation. Das Paar bereitete den Weg für zahlreiche weitere Afroamerikanische Cakewalker:innen, die nun ebenfalls in Berlin auftraten. Bald fanden Berliner:innen den Cakewalk in Varieté-Theatern und Tanzhallen, in Zeichnungen und Werbung, in Musik und Alltag.
Wintergarten-Theater im Central Hotel, Berlin, 1895
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Hermann Rückwardt

Trotz der vielfältigen Konkurrenz blieben Dean und Johnson ein gefragtes Paar und kehrten zwischen Tourneen in andere europäische Städte immer wieder nach Berlin zurück. Insbesondere Dean gewann leidenschaftliche Fans, wie den Berliner Maler Ernst Heilemann, der sie 1901 portraitierte. Auch im Ausland reichte die Begeisterung bis in die Spitzen der Macht, wie eine Einladung von König Edward VII nach London oder ein Geschenk der rumänischen Königin Marie bezeugen.

Ende und Neuanfang

Kurz vor dem Ersten Weltkrieg hatten Dean und Johnson sich getrennt. Mit Kriegsbeginn verließen sie Europa. In den USA arbeitete Dean zwanzig Jahre lang als Filmschauspielerin, bis sie mit Johnson Mitte der 1930er Jahre sowohl persönlich als auch beruflich wieder zusammenkam. Eine Zeit lang traten sie erneut gemeinsam als Tanzpaar auf, vor allem vor einer älteren Generation, die sich noch an die beiden als international bekannte Varieté-Stars erinnerte. Zusammen lebten Dean und Johnson in Minneapolis. Dort planten sie ein weiteres Comeback, doch im Dezember 1949 starb Dean im Alter von 77 Jahren.
Dora Dean vor einer Kopie ihres 1901 von Ernst Heilemann gemalten Portraits, Minneapolis (Minnesota, USA) 1946.
© Hennepin County Library
Garland-Tänzerinnen in Blumen-Kostümen, Hamburg, 1930.
© Stadtmuseum Berlin

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