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Louise Schroeder an ihrem Schreibtisch
© Archiv Gerda Schimpf, Berlin

Louise Schroeder

Schon früh engagierte sich Louise Schroeder für Soziales und Gleichberechtigung. Nach dem 2. Weltkrieg wurde sie die erste amtierende Oberbürgermeisterin Berlins.

von Dr. Martina Weinland

Am 2. April 1887 wird Louise Schroeder im heutigen Hamburger Stadtteil Altona geboren. Sie wächst in einfachen Verhältnissen auf; ihr Vater ist Bauarbeiter, ihre Mutter verkauft Gemüse, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Dennoch ermöglichen ihr die Eltern eine solide Schulausbildung, und so gelingt es ihr nach dem Abschluss der Mittelschule, als Angestellte bei einer Versicherung Beschäftigung zu finden. 

Hilfe zur Selbsthilfe

Ihr Vater weckt ihre Begeisterung für die Sozialdemokratie. 1910 tritt Louise Schroeder mit 23 Jahren in die SPD ein, wo sie sich insbesondere für Sozialpolitik und Frauenrechte engagiert. Als nach der Novemberrevolution und dem Ende der Monarchie in Deutschland auch Frauen das Wahlrecht erhalten, gehört sie 1919 zu den ersten weiblichen Abgeordneten, die in den Berliner Reichstag einziehen. Im selben Jahr ist sie maßgeblich an der Gründung die Arbeiterwohlfahrt (AWO) beteiligt, einer Selbsthilfeorganisation der Arbeiterschaft, die es sich zur Aufgabe macht, die in Folge des Ersten Weltkrieges herrschende Not zu lindern.

Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht ergreifen, die demokratischen Parteien ausschalten und die Arbeiterwohlfahrt verbieten, zieht sich Schroeder nach Hamburg zurück, denn ein Berufsverbot macht es ihr unmöglich, weiter als Dozentin an der Schule der Arbeiterwohlfahrt und der Berliner Hochschule für Politik tätig zu sein. Immer wieder ist sie politisch motivierten Schikanen ausgesetzt. Schließlich findet sie bei einem Berliner Bauunternehmen Arbeit, in dessen Auftrag sie 1944 nach Dänemark reist. Hier bleibt sie bis zur Kapitulation der NS-Diktatur im Mai 1945. 

Symbolfigur in schwieriger Zeit

Nach dem Krieg kehrt Louise Schroeder nach Berlin zurück. Das politische Engagement der überzeugten Sozialdemokratin ist vielen noch gut in Erinnerung, und so wird sie als Bürgermeisterin in den Berliner Magistrat berufen, um am Wiederaufbau der zerstörten Stadt mitzuwirken.

Als Otto Ostrowski (SPD), der erste gewählte Nachkriegs-Oberbürgermeister von Berlin, im Mai 1947 nach einem Misstrauensvotum seiner Partei seinen Rücktritt erklärt, übernimmt Schroeder als seine Stellvertreterin das Amt. Schon im Juni wird Ernst Reuter zum neuen Oberbürgermeister gewählt, doch die sowjetische Besatzungsmacht verweigert dem einstigen Kommunisten aufgrund seiner inzwischen antikommunistischen Gesinnung die Bestätigung. Louise Schroeder bleibt amtierende Oberbürgermeisterin.

Als die Westalliierten in ihrem gesamten deutschen Machtbereich einschließlich West-Berlin die D-Mark einführen, verhängen die Sowjets im Juni 1948 eine Blockade über die westlichen Sektoren der Stadt. Nur noch per Luftbrücke kann die „Insel“ innerhalb der sowjetischen Besatzungszone versorgt werden. In dieser schwierigen Situation ist Louise Schroeder scheinbar unermüdlich präsent, um den Bewohner:innen ihrer Stadt zu helfen, wo es nur geht. Trotz schwerer Krankheit, derentwegen sie sich ab August für einige Monate im Amt vertreten lassen muss, wird sie für die Menschen in Berlin zur Symbolfigur. 
Berliner:innen im West-Sektor der Stadt tauschen ihr Geld in D-Mark um, 1948
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Walter Schulze
Louise Schroeder, fotografiert von Rolf Goetze am 1. Mai 1954
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Rolf Goetze

Politisch bis zuletzt

Durch die Blockade faktisch in zwei Teile getrennt, wird Berlin bald auch politisch zur geteilten Stadt: Am 30. November erklärt die Stadtverordnetenversammlung von Ost-Berlin den Gesamt-Berliner Magistrat für abgesetzt und wählt einen neuen Oberbürgermeister.

Wenige Tage später wählen die Bürger:innen in den Westsektoren ihren eigenen Oberbürgermeister, und der erneute Wahlsieger Ernst Reuter löst Louise Schroeder ab. Bis 1951 ist sie dessen Stellvertreterin und Mitglied des Senats, 1949 zieht sie in den Deutschen Bundestag ein, 1950 in die Parlamentarische Versammlung des Europarats.

In Anerkennung ihrer Verdienste um die Stadt wird Louise Schroeder am 2. April 1957, ihrem 70. Geburtstag, als erste Frau zur Ehrenbürgerin von Berlin ernannt. Am 4. Juni 1957 stirbt sie, ohne je in den politischen Ruhestand gegangen zu sein.

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