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„Silberpfeile“ auf der Avus, September 1954
© Bildarchiv Heinrich von der Becke im Sportmuseum Berlin

Die Avus: Wiederaufbau und Nachkriegszeit

Teil 2 (ab 1945)

Nach der deutschen Kapitulation im Mai 1945 war an eine Wideraufnahme des Rennsports auf der Avus zunächst nicht zu denken. Der Krieg hatte auch hier mit Bombenkratern und eingestürzten Brücken seine Spuren hinterlassen. Statt Rennwagen bestimmten in den ersten Jahren Militärfahrzeuge der Alliierten, Fußgänger und spielende Kinder das Bild.
Drachensteigen an der Avus, 6. September 1950
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Pressebilderdienst Kindermann
Das Publikum auf den Tribünen winkt den vorbeidonnernden Rennwagen zu, 2. August 1959
© Stiftung Stadtmuseum Berlin | Foto: Pressebilderdienst Kindermann

Formel 1 und Transitstrecke

Der Höhepunkt der Nachkriegsrennen und gleichzeitig der Anfang vom Ende der Avus als Rennstrecke war das erste und letzte Formel-1-Rennen ihrer Geschichte. Eigentlich trug die Formel 1 den „Großen Preis von Deutschland“ auf dem fahrerisch anspruchsvolleren Nürburgring aus. Aus politischen Gründen gastierte dieser 1959 aber angesichts der deutschen Teilung noch einmal demonstrativ auf der Strecke durch den Grunewald im jetzigen West-Berlin. Wieder fanden sich bei wolkenverhangenem Himmel tausende Menschen ein, um dem Autorennen zuzuschauen.
Nachdem bereits beim „Großen Preis“ 1926 mehrere Todesfälle zu beklagen gewesen waren, kam es nun erneut zur Tragödie. Der französische Fahrer Jean Behra verlor in der Steilkurve die Kontrolle über seinen Wagen, kollidierte mit dem ehemaligen Betonsockel eines Flakgeschützes am Rand der Kurve und fand den Tod. Drei Jahre vorher war Richard von Frankenberg mit seinem Wagen über die Steilkurve hinausgeschossen, hatte aber glücklicherweise mit einer Gehirnerschütterung überlebt. Überhaupt kam es auf der Avus regelmäßig zu Unfällen.
In der Auslaufrunde verunglückte EMW-Pilot Egon Binner, kam aber mit dem Schrecken davon, 25. September1953
© Bildarchiv Heinrich von der Becke im Sportmuseum Berlin

Dies löste eine öffentliche Debatte über die Tauglichkeit der Avus für den Rennsport aus. Dabei wurde sie nicht nur als Austragungsort des „Großen Preises“ in Frage gestellt. Tatsächlich fanden in der Folge nur noch kleinere Rennen statt. Dies hing auch damit zusammen, dass die Strecke nach dem Mauerbau 1961 als Transitstrecke von West-Berlin nach West-Deutschland immer mehr an Bedeutung gewann. Der zunehmende Verkehr ließ dann auch städtebauliche Erfordernisse deutlich in den Vordergrund treten und die Avus fuhr als Ort des Rennsports ihrem Ende entgegen.

Junge Leute stehen am Straßenrand kurz vor der Auffahrt zur Transit-Autobahn, um per Anhalter durch die DDR nach West-Deutschland zu fahren, 31. Mai1968
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Ludwig Binder

Die legendäre steile Nordkurve musste 1967 dem neuen Autobahn-Dreieck Funkturm weichen und wurde durch eine flachere Kurve ersetzt. Zudem wurde die Strecke immer wieder verkürzt, sodass sie 1992 nur noch eine Länge von 2,64 Kilometern hatte. Gerichtliche Auseinandersetzungen mit Anwohner:innen führten außerdem zu einer Begrenzung der jährlichen Zahl von Rennen. Dennoch fanden noch lange Zeit weitere Rennen statt, wenn auch nur für kleinere Fahrzeugklassen. 

Seitenwagen-Weltmeister Werner Schwärzel und Beifahrer Andreas Huber, 19. September 1983
© Bildarchiv Heinrich von der Becke im Sportmuseum Berlin
Die Avus wäre aber nicht die Avus, wenn sie nicht auch zum Ende ihrer Rennsportkarriere hin noch die eine oder andere Anekdote zu erzählen gehabt hätte. 1989 siegte ein gewisser Michael Schumacher aus dem rheinischen Kerpen in einem spannenden Formel-3-Rennen und machte bald darauf auch in der Formel 1 auf sich aufmerksam.

RICHY GUITAR

Trailer (1985, Deutsch/German)

Auch in dem ein oder anderen Film trat die Avus auf. Der wohl kurioseste Auftritt stammt aus dem Jahr 1985 in dem Film „Richy Guitar“ mit einer damals sehr jungen, unbekannten und heute sehr berühmten Band. „Die Ärzte“ spielten sich selbst in den Hauptrollen. Von einem LKW aus gaben sie auf der Avus ein Konzert, während sie sich eine Verfolgungsjagd mit der Polizei lieferten.  

RICHY GUITAR – Trailer (1985, Deutsch/German)
© VHS Trailer Park

1998 fand die Zeit der Avus als Rennstrecke schließlich ihr endgültiges Ende. Als Autobahn ist sie aber weiterhin ein lebendiges Stück Berliner Geschichte, und die sanierte Haupttribüne bleibt in ihrer neuen Funktion als Veranstaltungsort ein sichtbares Zeugnis der Rennsport-Vergangenheit. 

100 Jahre Avus

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