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Weihnachtsbescherung. Zeichnung von Friedrich Junge. Berlin, um 1790
© Stadtmuseum Berlin

Als Schadow Heiligabend zu Besuch kam

So ein Weihnachten hatte die junge Schriftstellerin Lili Parthey noch nie erlebt Denn am 24. Dezember 1823 kam Maler Wilhelm Schadow zu Besuch, um ein Portrait von ihr zu präsentieren. Eine Weihnachts-Hörstück.

von Dr. Jan Mende

Die zwischen 1814 und 1829 entstandenen Tagebücher von Lili Parthey (1800-1829) sind einzigartige Zeugnisse der Biedermeier-Zeit. Detailliert geben diese Texte Einblicke in das Leben einer bürgerlichen Familie in Berlin. 1823 beschrieb Lili Parthey ausführlich die Weihnachtsfeierlichkeiten in ihrem Elternhaus, dem noch heute erhaltenen Nicolaihaus in der Brüderstraße.

Im Mittelpunkt ihres Berichts steht ein großformatiges Portrait, das der Maler Wilhelm Schadow (1788-1862) eigens zu diesem Anlass gemalt hatte. Bemerkenswert an der Schilderung ist, dass es sich bei diesem Fest keineswegs um eine familiäre Angelegenheit im kleinen Kreis handelt, sondern um eine große Party mit zahlreichen Gästen, Freundinnen und Nachbarn. Auch das Dienstpersonal wird mit einer eigenen Feier bedacht. Lili Parthey heiratete kurz nach diesem Weihnachtsfest den Komponisten Bernhard Klein (1793-1832), doch starb sie bereits im Alter von 28 Jahren.

Wilhelm Schadow: Bildnis Lili Parthey, 1823/24
© Stadtmuseum Berlin

Besonderes Schadow-Gemälde

Das von Wilhelm Schadow gemalte Portrait gehört zum Bestand des Stadtmuseums Berlin. Dargestellt in der charakteristischen Biedermeierkleidung steht Lili Parthey vor einem zweitgeteilten Hintergrund aus Innenraum und Park. Das Buch in ihrer Hand ist ein Hinweis auf den großen Stellenwert, den Bildung für das Bürgertum der Biedermeierzeit besaß. Die Tagebücher von Lili Parthey sind im Familiennachlass erhalten geblieben und befinden sich heute in der Sammlung zur Literaturgeschichte des Stadtmuseums Berlin.