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Arabella Fields

Sie war mehr auf Tournee als an einem festen Ort, beherrschte viele Stilrichtungen und knüpfte ein interkontinentales Netzwerk: Arabella Fields steht beispielhaft für die Varietéstars der Jahrhundertwende um 1900.

von Deborah Pomeranz
Werbeanzeige von Arabella Fields. Aus: Das Programm, Nummer 223, 1906.
© Stadtmuseum Berlin

Trotz der Einschränkungen, denen sie als Schwarze Zuwanderin ausgesetzt wurde, erlangte die Sängerin mit neuen künstlerischen Ausdrucksformen auch wirtschaftlichen Erfolg und blieb Berlin mehr als vierzig Jahre lang verbunden.

Karriere in Europa

Im Sommer 1894 trat die fünfzehnjährige Sängerin Arabella Middleton zum ersten Mal in Berlin auf. Einen Monat zuvor hatte sie ihre Heimatstadt Philadelphia (Pennsylvania, USA) mit einer Afroamerikanischen Varietétruppe verlassen, um durch Europa zu touren. Auf dieser Tournee heiratete sie ihren Mitsänger James C. Fields, mit dem sie anschließend ein Gesangsduett bildete.

Das Passage-Theater in der Friedrichstraße, 1905
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Max Missmann
Als James 1902 in Berlin starb, entschied sich Fields, als Solistin ihr Glück zu machen, statt mit Bekannten früherer Tourneen eine neue Gruppe zu bilden. Unter dem Namen „Schwarze Nachtigall“ bereiste Fields das Deutsche Reich, Österreichisch-Ungarn und Russland. Zwischendurch kehrte sie immer wieder für Engagements an Theatern wie dem Walhalla, der Passage oder Max Reinhardts Sommertheater nach Berlin zurück. 1907 schloss sich einem dieser Engagements eine Aufnahme-Session im Tonstudio der Anker Phonogramm Gesellschaft an. Die hier entstandenen sechs Schallplatten waren so gefragt, dass sie bis in die 1920er Jahre immer wieder neu veröffentlicht wurden.

Die Verwandlungskünstlerin

Als Sängerin mit enormem Stimmumfang und Kenntnissen in fünf Sprachen trug Fields neben US-amerikanischer Populärmusik auch Arien, deutsche Lieder, alpenländische Volksmusik und Jodeln vor, von ihr selbst begleitet auf Banjo und Gitarre. Als Verwandlungskünstlerin wechselte sie zwischen den Nummern die Kostüme, die von Abendkleidern bis zu Alpentrachten reichten.

Neujahrsanzeige von Arabella Fields mit Foto der Künstlerin in alpenländischer Tracht. Aus: Das Programm, Nr. 404, 1910
© Stadtmuseum Berlin
Die vielseitigen Vorführungen spiegelten sich in den Selbstdarstellungen der Künstlerin wider: Mal kündigte sie sich als US-Amerikanerin, mal als Afrikanerin oder als Deutsche an; mal als Indigene Person aus Australien oder Südamerika. Angesichts einer Mehrheitsgesellschaft, die Fields wegen ihres Nicht-weißseins als fremd betrachtete, dürfte dies einerseits eine Strategie gewesen sein, um die erzwungene Ausgrenzung werblich als „exotisch“ zu vermarkten. Andererseits parodierte Fields damit die Begehrlichkeit nach „Exotik“ und erlangte so die Deutungshoheit über ihre eigene Identität zurück – insbesondere das Recht, diese nicht öffentlich preisgeben zu müssen.

Ständige Bewegung, ständige Neuerfindung

Aufgrund ihres zunehmenden Erfolges beschäftigte Fields den aus Bremen stammenden Engelhardt Winter als Manager, den sie in der Folge heiratete. Nun eine deutsche Staatsangehörige, blieb sie auch nach Beginn des Ersten Weltkriegs im Deutschen Reich, arbeitete jedoch ab Sommer 1915 in den neutralen Niederlanden. 1920 kehrte Fields, die den Namen ihres zweiten Mannes nie annahm, nach Deutschland zurück. Angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage entschied sie sich schnell für eine neue Tournee, die drei Jahre dauerte.

Nach Berlin zurückgekehrt, schloss sich Fields 1925 einer der ersten neuen Schwarzen Revuen unter dem Afroamerikanischen Jazzband-Leader Sam Wooding an. Danach spielte sie in den zwei Revuen von Louis Douglas, „Black People“ und „Louisiana“. In den Revuen, die drei Generationen Schwarzer Künstler:innen in Europa verbanden, tourte sie bis 1931, als sie von Regisseur Rex Ingrams aufgesucht und für den Abenteuerfilm „Baroud“ verpflichtet wurde. Dies sollte ihr letzter großer Auftritt sein. Nach Abschluss der Dreharbeiten in Marokko zog Fields nach Hamburg und zog sich nach vier Jahrzehnten aus dem Bühnenleben zurück. Über ihr weiteres Schicksal ist uns nichts bekannt.

Garland-Tänzerinnen in Blumen-Kostümen, Hamburg, 1930.
© Stadtmuseum Berlin

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