Mit Pfeifenreinigern und Federn macht das Kartographieren Spaß.
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Melanie Huber

Pünktchen auf der Brust

Im WELTSTUDIO sind alle Besucher:innen zum Mitmachen eingeladen. Für blinde und sehbehinderte Menschen hat das Vermittlungsteam des WELTSTUDIOs inklusive Elemente entwickelt.

von Melanie Huber

Ugne Metzner legt den Stift zur Seite. Sie greift nach dem Blatt Papier, das vor ihr liegt und fährt mit den Fingerkuppen über die hervortretenden Linien. Sie stellen die Umrisse eines menschlichen Körpers in einem selbstgezeichneten Meer aus gelben, grünen, blauen und pinkfarbenen Rechtecken dar. Ugne Metzner wendet ihren Kopf und fragt Dennis Müller, Mitarbeiter des WELTSTUDIO-Teams: „Ist mein Mensch auch bunt genug?“

Seit ihrem 20. Lebensjahr ist Ugne Metzner blind. Für das Vermittlungsteam des WELTSTUDIOS testet sie mit zwei weiteren, sehbehinderten Frauen nun die taktilen Materialien und Tastobjekte.

Denn die partizipativen Stationen im WELTSTUDIO, bestehend aus drei raumgreifenden Kartographen, verfügen über inklusive Elemente. „Uns ist es wichtig, allen den gleichen Zugang zu ermöglichen“, sagt Constanze Schröder, Kuratorin des WELTSTUDIOS.
Im Workshop-Bereich des WELTSTUDIOs werden die Poster für den Personenkartographen gestaltet.
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Melanie Huber

Gemeinsam mit inkl. Design, der Agentur für inklusives Design in Berlin, haben Constanze Schröder und ihr Team zahlreiche Materialien entwickelt. So wurden für den Personenkartographen zusätzlich zu den menschengroßen Postern auch A3-Poster mit Schwellpapier erstellt. Schwellpapier ist ein Spezialpapier, auf dem tastbare Grafiken dargestellt werden können.

„Während der Entwicklung des Designs haben wir mit Fokusgruppen zusammengearbeitet, unter anderem mit Menschen, die blind oder sehbeeinträchtigt sind“, sagt Constanze Schröder, während sie das Poster mit den menschlichen Umrissen in die Luft hebt.
Neben zwei Punkten für die Augen gibt es auch Punkte im Brust- und Bauchbereich. Sie dienen zur Orientierung.
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Melanie Huber
„Zum Beispiel hat die Fokusgruppe darum gebeten, im Brust- und Bauchbereich jeweils ein Pünktchen zu platzieren.“ Das obere Pünktchen befindet sich in der Nähe des Herzens: Beim Ertasten der Umrisse ist die kleine, taktile Grafik eine gute Orientierung.

Das gefällt Silja Korn, Mitglied der Fokusgruppe: „Es fällt leicht, innerhalb der Grenzen zu bleiben und die Figur zu gestalten.“

Aber nicht nur Buntstifte stehen Silja Korn, Ugne Metzner und Mandy Hamann zur Verfügung. Auch Pfeifenreiniger, Federn, Kugeln oder kontrastreiche Schablonen gehören zur Ausstattung der inklusiven Materialkisten. Diese können bei den Vermittler:innen des WELTSTUDIOS angefragt werden.

„Das Bodenleitsystem im WELTSTUDIO führt direkt zu den drei Infoheften in Brailleschrift, die sich an den Kartographen befinden“, erklärt Constanze Schröder. „Dort werden die drei Kartographen vorgestellt und die Vermittler:innen als Ansprechpersonen genannt.“ Außerdem befinden sich an jedem Kartographen – dem Faden-, Kugel- und Personenkartograph – weitere Infohefte in Brailleschrift, in denen die Stationen im Detail beschrieben werden.

Ugne Metzner und ihr Blindenhund Kalle im WELTSTUDIO.
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Melanie Huber

Begegnungen auf gleicher Ebene

Ugne Metzner ist fertig mit ihrem Poster. Blindenhund Kalle schaut seiner Besitzerin beim Aufhängen zu. Mit ihrer Arbeit ist Ugne Metzner zufrieden – und auch mit dem Angebot des WELTSTUDIOs: „Schon seit ein paar Jahren teste ich für das Stadtmuseum Berlin taktile Objekte und Materialien. Das Team geht auf andere ein und schafft Begegnungen auf gleicher Ebene. Das ist nicht selbstverständlich.“

Ugne Metzner wünscht sich weniger Scheu von Menschen, die keine Behinderungen haben. Vielleicht ist das WELTSTUDIO ja genau der Ort, um zu verstehen, dass es keiner Scheu bedarf.

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