Backgammonspiel in einem Dam-Brett, klappbarer Holzkasten, Intarsien aus Elfenbein und Ebenholz, unbekannter Hersteller, Anfang 19. Jahrhundert
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Silvia Thyzel

Brettspiele im Wandel der Zeit

Lernen Sie hier einige der historischen Brettspiele kennen, die für die Öffentlichkeit unzugänglich im Depot unserer Spielzeugsammlung aufbewahrt werden.

Brettspiele haben auch im digitalen Zeitalter nichts von ihrer Bedeutung für das gesellige Miteinander verloren: In der Familie, im Freundes- und Bekanntenkreis, ja oft sogar mit Fremden vertreiben sie gerade in der dunklen Jahreszeit die Langeweile und bringen uns einander näher.

Seit Bestehen der Menschheit wird gespielt, alleine, miteinander oder gegeneinander. Schon sehr früh waren in verschiedenen Teilen der Welt Spielpläne bekannt. Eines der ältesten bisher gefundenen Brettspiele wird durch Grabfunde aus Irland (ca. 2000 v. Chr.) in die Bronzezeit datiert. In Ägypten fand man zum Beispiel auf Dachplatten des Tempels Qurna (um 1400 v. Chr.) verschiedene eingemeißelte Spielbretter. Viele alte Brettspiele, von denen wir heute nur noch wissen, wie sie ausgesehen haben, sind inzwischen vergessen, einige sind uns noch geläufig, andere haben einen neuen Namen bekommen.

Was ist ein Brettspiel?

Gegenwärtig gibt es in Deutschland die international größte „Spielgemeinde“. Jährlich kommen mehr als 200 neue Spiele auf den Markt. Die besten werden seit 1979 mit dem Kritikerpreis „Spiel des Jahres“  und seit 1990 durch das Publikum mit dem „Deutschen Spiele Preis” ausgezeichnet.
„Belagerungsspiel“, unbekannter Hersteller, um 1850. Das Belagerungsspiel bzw. Festungsspiel gehört zu den beliebtesten Spielen des 18. und 19. Jahrhunderts. Eine Partei musste die Festung verteidigen und die andere diese angreifen und besetzen.
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Silvia Thyzel
Bis ins 20 Jahrhundert hinein wurde das Belagerungsspiel von allen führenden Spieleverlagen angeboten. Sein Ursprung liegt in alten, traditionellen Brettspielen. Aus „Füchse und Gänse“ oder „Wölfe und Schafe“ wurden im Laufe der Zeit Soldaten.
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Silvia Thyzel
In dieser Fülle an Formen, Arten und Varianten, an unterschiedlichen Materialien und Regeln gibt es längst nicht nur Brettspiele, sondern auch zahllose Karten- und Geschicklichkeitsspiele, zudem Mischformen und damit ein Durcheinander der Begrifflichkeiten. Um dieses Dickicht zu durchdringen, hilft ein Blick in die jüngere Geschichte der Spiele.
Schach (hier aus Holz mit Intarsien gefertigt) gilt als Inbegriff des Brettspiels.
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Silvia Thyzel

Schon im 19. Jahrhundert, als zahlreiche neue Spiele zur „Belehrung und Unterhaltung für Jung und Alt“ entstehen, wandelt sich der Spielcharakter und es entwickelt sich eine Vielzahl von Variationen. Zu den klassischen Brettspielen (wie Schach, Dame, Mühle, Go, Pachisi, Mancala, Bag Chal, Backgammon u.a.m.) gesellen sich  moderne Brettspiele (wie das Belagerungsspiel, Halma, Salta, „Volldampf voraus“, später auch „Mensch ärgere dich nicht“ und „Monopoly“). Darüber hinaus entstehen Spiele mit den unterschiedlichsten Formen und Inhalten, die sowohl mit als auch ohne Spielbrett auskommen, darunter  Plan- und Solitärspiele, Tischspiele, Kartenspiele,  Legespiele (auch Puzzles),  Glücksspiele, Geschicklichkeitsspiele, Kugelspiele und viele andere.

Vom Wettkampf zur Zusammenarbeit

Die klassischen Brettspiele sind in erster Linie strategische Spiele, bei denen in der Regel zwei Parteien auf einem Spielplan mit Spielsteinen agieren. Es wird mit List, Tücke und Aggression gekämpft, erobert, sich bereichert und versucht, den Gegner geschickt zu manipulieren oder zu unterwerfen. Auf den Spielbrettern werden Machtkämpfe ausgetragen, wie es sie auch in der realen Welt gibt.

Die „Kaiserreise nach Nord und Süd“ (1888) ist ein klassisches Laufspiel.
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Silvia Thyzel
Eine weitere Art der traditionellen Brettspiele sind die Laufspiele, in denen die Spieler gegeneinander in den Wettkampf ziehen und ihre Spielfiguren trotz Hindernisse an ein vorgegebenes Ziel bringen. Diese werden nicht vornehmlich durch Intelligenz, Geschick oder andere Fähigkeiten entschieden, sondern auch vom Glück bestimmt.
Die neuzeitlichen Spiele dagegen tragen immer mehr zum geselligen Miteinander statt zum Gegeneinander bei. Jetzt stehen meist nicht mehr Kampf und Wettbewerb, sondern Aufbau, Entwicklung und Kooperation im Mittelpunkt. Um ständig neue Spiele zu erfinden, bleibt es nicht aus, Spielformen zu vermischen, neue Elemente hinzuzufügen und Formen variabel zu gestalten. Fragen müssen beantwortet, Karten gezogen, Bilder zusammengelegt oder kuriose Aktionen durchführt werden.
„Wilhelm II. Kaiserreise nach Nord und Süd“, Fabrikmarke AK, Nürnberg 1888
© Stadtmuseum Berlin | Foto: Silvia Thyzel

Interessant ist auch, dass immer wieder aktuelle Themen und ideologische Absichten zum Thema von Spielen werden: So herrschte um 1900 kaiserliche Herrlichkeit, das NS-Regime propagierte Militarismus, in der Ölkrise wurden Spieler zum „Öl-Magnat“ und in den 1980ern trennte man gemeinschaftlich – „Ene meine Müll“ – das Altpapier vom Altglas.

Diese Spielkonsole aus der Sowjetunion hat Luftkämpfe zum Thema
© Stadtmuseum Berlin

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