Haarbild (1864)
Objekt des Monats November
Der Totensonntag Ende November ist seit der Kabinettsorder von Friedrich Wilhelm III. im Jahr 1816 ein fester Bestandteil des Gedenkens an die Verstorbenen.
Diese Tradition blieb zwar bis in unsere moderne Zeit erhalten, jedoch ist die Auseinandersetzung mit dem Tod eine andere geworden. Im 19. Jahrhundert war die Sterblichkeit vom Kindes- bis zum Greisenalter so hoch, dass die Trauerbewältigung zum Alltag gehörte und verschiedene Darstellungsweisen fand. Eine besondere Rolle spielte hierbei das Haar der Verstorbenen.
„…aus den Haaren meiner Mutter…“
Es ist ein kalter Dezembertag 1864 in Berlin, als Emilie Wilke im Sterben liegt. Um ihr Bett stehen ihr Mann Friedrich, sowie die drei Töchter Agnes, Anna und Klara. Der Ehemann schneidet eine letzte Locke vom Haar seiner sterbenden Frau, ebenso geben seine Töchter und er selbst eine Strähne ab. Ein Vetter der Familie fertigt eine Zeichnung einer Grabstelle unter einer Trauerweide an, die von einem unbekannten Künstler in Berlin aus den Strähnen der Familie nachgearbeitet wird. Anna Wilke schreibt dazu auf der Rückseite des Rahmens: „Ein Kranz an dem gebrochenen Ast ist aus Haaren meines Vaters gefertigt. Die drei Kränze auf dem Hügel sind aus den Haaren von uns drei Schwestern Agnes, Anna, Klara hergestellt.“ Siebzig Jahre nach dem frühen Tod der Mutter, vermacht Anna Wilke in ihrem Testament dieses persönliche Trauerbild, sowie ein weiteres zum Gedenken an ihre jüngere Schwester, dem Märkischen Museum.