Mit Heine durchs alte Berlin

08:33 Minuten
Das Brandenburger Thor in Berlin, 1830. Kolorierte Lithographie, unbekannter Künstler
© Stadtmuseum Berlin

In diesem Video-Spaziergang mit Audio-Kommentar führt Sie der Schriftsteller Heinrich Heine (1797-1856) vom Nikolaiviertel zum Brandenburger Tor. Und erzählt nebenbei von der Biedermeier-Zeit.

Besonders charakteristisch für das Berlin der Biedermeier-Zeit (1815-1848) war das Spazierengehen. Meistens an Sonntagen strömten gut gekleidete Paare und ganze Familien zu den großen Straßen und Plätzen der Stadt: Unter den Linden bis in den Tiergarten hinein  oder zum beliebten Platz am Zeughaus und zum Lustgarten. 

Hier lag das neue, vom Stararchitekten Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) geprägte Berlin – mit Neuer Wache, Altem Museum und später auch der Bauakademie. Hier traf sich die Berliner Gesellschaft, denn Flanieren war ein Vergnügen der Bessergestellten, der „feinen Welt“. Man konnte dem vorbeifahrenden König Friedrich Wilhelm III. in seiner Kutsche zuwinken und Prominente sehen, und wenn man wollte, sich auch einfach nur am schönen Wetter und den Prachtbauten links und rechts der Linden erfreuen. Wobei es immer galt, Kutschen und Reitern sowie den forsch um Almosen bittenden Bettlern geschickt auszuweichen.

Heinrich Heine im Portrait, 1837
© Stadtmuseum Berlin

Berliner Briefe und die Loreley

Der Schriftsteller Heinrich Heine (1797-1856) kannte sich in diesem Teil Berlins gut aus. 1822 hat er schon im ersten seiner „Berliner Briefe“ einen solchen Spaziergang beschrieben. Der damals 24-jährige Heine studierte da noch an der Berliner Universität, war aber bereits auf dem Weg, der bekannte Dichter zu werden, von dem man heute noch spricht. So gab im selben Jahr ein Berliner Verlag den ersten Gedichtband Heines heraus, wenig später sorgte das Gedicht „Die Loreley“ für Furore. Mit seinen „Berliner Briefen“ beschritt Heine buchstäblich neue Wege, stehen sie doch am Beginn einer ganzen Reihe ironisch gefärbter und erfrischend moderner Reisebeschreibungen: „Harzreise“ und „Deutschland. Ein Wintermärchen“ sind die bekanntesten.

Was hat Heine in Berlin beobachtet?

Zunächst einmal: Heine beginnt seinen Spaziergang im Altstadtkern Berlins, im Nikolaiviertel, gleich an der Poststraße, nicht weit vom Knoblauchhaus entfernt. Er blickt kurz in die geschäftige Königsstraße (heute: Rathausstraße) hinein, wendet sich dann aber gleich nach Westen. Über die Lange Brücke überquert er die Spree, er durcheilt den Schlosshof und findet sich im Lustgarten wieder, wo der frisch von Schinkel umgebaute Dom steht und dahinter die Börse, das kommerzielle Zentrum der Stadt. Schließlich befindet er sich am Beginn der Linden; der Blick auf die Promenade ist auch für ihn ein Ereignis. Ein Jahr zuvor kam der Pariser Architekt Jakob Ignaz Hittorf (1792-1876) an dieser Stelle ins Schwärmen, denn dieser Anblick sei „wirklich großartig, man sieht nur gewaltige Konstruktionen, überall Paläste, Kirchen, öffentliche Denkmäler und große Häuser“.

Und Heine und Hittorf hatten recht: Berlin war hier wirklich großstädtisch, selbst für europäische Maßstäbe. Heine bleibt dennoch distanziert, er macht sich über den stockenden Bau der Schinkel’schen Schlossbrücke lustig, die, typisch Berlin, tatsächlich erst ganze 35 Jahre später vollendet werde sollte. Der junge Dichter spöttelt auch über die preußischen Prachtgebäude und verschont selbst das flanierende Publikum nicht. Am Ende kommt er wie beiläufig am Brandenburger Tor an. Aber selbst die berühmte Quadriga mit der Statue der Siegesgöttin Victoria ist ihm eine kleine Spöttelei wert:

„Die gute Frau hat auch ihre Schicksale gehabt; man sieht’s ihr nicht an, der mutigen Wagenlenkerin.“

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