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Bei jedem Auftritt dabei: Der Bühnenkoffer der Berliner Tänzerin Lene Ludwig
© Stadtmuseum Berlin

Bühnenkoffer (ca. 1930)

Objekt des Monats März

Zum Welttag des Theaters stellen wir ein Objekt vor, das der Berliner Tänzerin Lene Ludwig (1908–1995) außergewöhnliche Dienste leistete.

Er war ihr wichtigstes Requisit: der große Bühnenkoffer. Aufgestellt fast so groß wie ein Mensch bot er der Tänzerin Lene Ludwig die Möglichkeit, sich während ihrer Show auf offener Bühne umzuziehen. Das war auch ein wichtiger Teil des Konzepts ihrer erfolgreichen Varieté-Auftritte: In schneller Abfolge wechselte Lene Ludwig, die am Deutschen Opernhaus Berlin eine klassische Ballettausbildung absolviert hatte, die Tanzrollen. Ihr Stil orientierte sich dabei an einer damals noch gänzlich neuen Form der Bewegung: dem Ausdruckstanz. Von der hannoverschen Tänzerin und Choreografin Mary Wigman und ihrem Schüler Harald Kreutzberg entwickelt, wurde er international als „New German Dance“ bekannt.

Marlene Dietrich, Greta Garbo: Für Lene Ludwigs Shows fertigte der Maler Peter Ludwig Masken an
© Stadtmuseum Berlin
Zusammen mit ihrem Mann, dem Kunstmaler Peter Ludwig, entwarf die 1908 im bayerischen Hof geborene Magdalene Ludwig in den 1930er Jahren ein Bühnenprogramm aus Clownerie, Parodie und klassischem Maskentanz. Die Masken fertigte Peter Ludwig selbst an. Sie stellen bekannte Künstlerinnen wie Greta Garbo, Adele Sandrock, Claire Waldoff oder Marlene Dietrich dar. Denn Lene Ludwigs Spezialität war es, Persönlichkeiten aus der Kunst- und Kulturszene tänzerisch zu parodieren. So etwa 1936 in der „Kleinen Revue großer Stars“ im Varieté-Theater Wintergarten Berlin an der Friedrichstraße, in der sie nach einem Auftritt der Sängerin Claire Waldoff mit ihrer Waldoff-Maske auf die Bühne trat.

Nicht nur das Publikum liebte sie für ihre Parodien, sondern auch die von ihr aufs Korn genommenen Künstlerinnen und Künstler. Gerade ihr Koffer dokumentiert ihren Erfolg: Auf seiner Außenhaut befinden sich zahlreiche Aufkleber von Orten und Städten, in denen sie aufgetreten war. So scheint sie unter anderem in München, in den Niederlanden und New York gewesen zu sein. Wahrscheinlich, um den Inhalt des Koffers beim Transport nicht zu beschädigen, brachte Lene Ludwig Aufkleber wie „Artisten-Gepäck“ und „Vorsicht nicht stürzen“ darauf an.

Foto: Karneval 1953 in Düsseldorf, Ascona und der Friedrichstadt-Palast: Auch nach 1945 ging Lene Ludwig auf Tournee.
© Stadtmuseum Berlin

Letzter Auftritt im Friedrichstadt-Palast
In einer Zeit, in der der Nationalsozialismus an gefährlicher Tragweite gewann, brachte Lene Ludwig Leichtigkeit auf die Bühne. Wie die Ausnahmetänzerin den Zweiten Weltkrieg überstanden hat, ist nicht bekannt. Nach 1945 und bis vermutlich 1961 trat sie im alten Friedrichstadt-Palast am Schiffbauerdamm auf. Ob sie, wie zahlreiche Künstlerinnen und Künstler zur Zeit des Mauerbaus, eine Grenzgängerin gewesen ist, ist noch unklar. Als der damalige Direktor des West-Berliner Berlin Museums, Rolf Bothe, Koffer und Masken 1982 von der betagten Tänzerin kaufte, lebte sie in Berlin-Steglitz. 1995 starb Lene Ludwig im Alter von 87 Jahren in West-Berlin.
Ihre Requisiten bewahrt die Sammlung Zirkus, Varieté, Kabarett des Stadtmuseums Berlin. In Erinnerung bleiben ihre charakteristischen Auftritte, die moderne Tanzstile mit der alten Technik des Maskentanzes verbanden.