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Rebecca Raue: „Radical Love“
Rebecca Raue: „RADICAL LOVE“, (Mischtechnik auf Karton), 2022 © Stadtmuseum Berlin | Foto: Bernd Borchardt | Montage: Michael Setzpfandt

Radical Love

Zehnte Variation zur Auferstehung im Museum Nikolaikirche

von Albrecht Henkys

Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Auferstehungsszene in der Kraut-Kapelle des Museums Nikolaikirche war vom 9. Dezember 2022 bis Ende Januar 2023 in einer Interpretation von Rebecca Raue zu sehen.

Kunst in der Kirche

Die Installation war der zehnte Teil einer von Juni 2021 bis Juni 2023 andauernden, auf zwölf Teile verlängerten, Reihe von Variationen zum Thema Auferstehung. Die Bilder wurden nacheinander von wechselnden Künstler:innen präsentiert.

So klar, wie sich die Künstlerin mit ihrer Arbeit auf das historische Umfeld dieser barocken Grabkapelle bezieht, so wenig knüpft sie an Komposition und Ikonografie des verlorenen Gemäldes „Christus im Moment der Auferstehung“ an.
 
Rebecca Raues Bild teilt sich in drei Ebenen: Die untere setzt das Schachbrettmuster des Kapellenbodens fort und könnte für das Hier und Jetzt, für das irdische Dasein stehen. Die obere führt auf das Himmelsblau der Kapellendecke hin.
 
Im Dunkel dazwischen das eigentliche Geschehen: Von unten aufsteigend hat sich Energie gesammelt, die in die Ewigkeit hinaufstrebt. Die Worte RADICAL LOVE sind da oben zu lesen.  Die Kraft, die eine Überwindung allen Leidens verspricht?

Über die Künstlerin

Rebecca Raue hat  an der Universität der Künster Berlin (UdK) unter anderem bei dem Maler Georg Baselitz studiert. Danach absolvierte sie ihr Meisterstudium bei der Bildhauerin Rebecca Horn. Seither arbeitet Rebecca Raue als freie Künstlerin in Berlin. Mit ihren fein komponierten, farbintensiven Arbeiten öffnet sie Raum für innere Reisen. In ihren Bildern findet sie mit Sinnbildern einen Ausdruck für die unsichtbare Welt, die jeden Menschen wesentlich ausmacht.

Raue ist fasziniert von individuellen Linien, Wegen und Räumen im Menschen und baut daraus Landschaften, die zum Verweilen einladen. Indem sie Altes neu betrachtet, öffnet sie Denkräume für die Zukunft. Sie schaut auf zahlreiche Ausstellungen und Performances in Deutschland, dem europäischen Ausland sowie in den USA, Japan und China zurück.

Als festen Bestandteil ihrer künstlerischen Arbeit begreift Rebecca Raue auch das von ihr gegründete Projekt Ephra. Darin bringen sie und ihre Mitarbeiter:innen sowohl Kinder mit Kunst als auch Künstler:innen mit Kindern in Kontakt und in den Dialog. Durch Kunst und emotionale Bildung sollen Kinder über gesellschaftliche Gräben hinweg zu einer selbstbewussten Teilhabe und Mitgestaltung ihrer Zukunft ermutigt werden.

Der „Kunstraum Kraut“

In diesem Projekt geht es darum, sich dem vom preußischen Hofbildhauer Georg Glume (1679–1765) entworfenen Grabdenkmal künstlerisch anzunähern und sich aus zeitgenössischer Sicht mit einer historischen Fehlstelle auseinanderzusetzen. Dabei geht es nicht darum, diese zu rekonstruieren, sondern zu kommentieren und eine Raumsituation zu erarbeiten, die das Thema des verlorenen Bildes in der Kapelle Kraut, die Auferstehung Christi, im Blickwinkel von heute interpretiert.
Unbekannter Künstler, Auferstehung, Kraut-Kapelle, entstanden 1725
© Archiv Landesdenkmalamt Berlin