Berlin 1945 und heute
In der fotografischen Gegenüberstellung von damals und heute entstehen verblüffende Bildpaare, die die ungeheuren Veränderungen der Stadt seit Ende des Zweiten Weltkrieges vor Augen führen.
Die Bilder des britischen Offiziers, Ingenieurs und Stadtplaners Cecil F. S. Newman, der Berlin ab Sommer 1945 ein Jahr lang fotografierte, zeigen eindrucksvoll die Folgen des 2. Weltkriegs für die Hauptstadt des „Dritten Reichs“. Jahrzehnte nach dem Krieg ließ das Stadtmuseum Berlin dieselben Orte erneut fotografieren. Begeben Sie entlang dieser Bilder auf eine Entdeckungsreise zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Krieg und Frieden, Zerstörung und Wiederaufbau.
Mitte
Unter den Linden
Die auf Newmans Bild sichtbaren Ruinen auf der nördlichen Straßenseite wurden nach 1945 abgerissen. Es handelt sich unter anderem um die von Karl Friedrich Schinkel entworfene Kriegsakademie und die Räumlichkeiten der IG Farben. Heute sind in den nach 1989 entstandenen Neubauten das Hauptstadtbüro des Magazins „Der Spiegel“ (Pariser Platz 4a / Unter den Linden 80), ein Informationsbüro des Europäischen Parlamentes (Unter den Linden 78) und die Ungarische Botschaft (Unter den Linden 76) untergebracht. Im Hintergrund das 1791 unter Leitung von Carl Gotthard Langhans fertiggestellte Brandenburger Tor.
Neue Reichskanzlei
Das Palais Borsig wurde 1877 für den Unternehmer Albert Borsig nach Plänen des Architekten Richard Lucae fertig gestellt. Zwischen 1904 und 1933 nutzte die Preußische Pfandbriefbank das Palais, bevor es Franz von Papen als Vizekanzlei diente. Der Erweiterungsbau der alten Reichskanzlei schloss 1930 die Lücke zwischen der Wilhelmstraße 77 und dem Palais Borsig. Nach Plänen von Albert Speer entstand ab 1935 die Neue Reichskanzlei, in welche das Palais Borsig integriert wurde. Der gesamte Baukomplex wurde zwischen 1959 und 1953 abgerissen. Heute stehen hier Wohn- und Geschäftsgebäude aus den 1980er Jahren.
Berliner Dom und Schloss
Die Häuser an der ehemaligen Burgstraße, die den Zweiten Weltkrieg teilweise überlebt hatten, wurden in den 1970er Jahren abgerissen, um Platz für das 1986 eingeweihte Marx-Engels-Forum zu schaffen. Die Instandsetzung des schwer beschädigten Berliner Doms (Architekt Julius Raschdorff, 1905 geweiht) zog sich bis zum Jahr 2002 hin. Die Ruine des Berliner Stadtschlosses wurde 1950/51 abgerissen, um den Marx-Engels-Platz anzulegen. An seiner Stelle stand 1976 bis 2008 der Palast der Republik. Heute kann man den Wiederaufbau des Stadtschlosses auf der westlichen Spreeseite beobachten. Die östliche, der Spree zugewandte Seite wird nach Plänen des italienischen Architekten Franco Stella erbaut.
Marienkirche und Umgebung
Die Umgebung der Marienkirche wurde im Rahmen der Neugestaltung des Alexanderplatzes in den 1960er und 1970er Jahren komplett verändert. Die Bebauung auf der südöstlichen Seite der Karl-Liebknecht-Straße ist einer großen Freifläche gewichen. Zwischen 1965 und 1969 wurde ein Wahrzeichen Berlins, der UKW- und Fernsehturm, östlich der Marienkirche nach Plänen von Günter Franke und Fritz Dieter errichtet. Entlang der Karl-Liebknecht-Straße 7-13 entstand zwischen 1968 und 1973 der sogenannte Liebknechtriegel. Die Freifläche auf der linken Seite von Newmans Bild wurde 1979 mit dem Palasthotel bebaut, das 2001 dem DomAquarée weichen musste bebaut.
Friedrichshain
Andreasplatz
Der Andreasplatz, benannt nach der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Andreaskirche am südlichen Ende der Andreasstraße, ging im Rahmen der Neubebauung in den 1960er Jahren verloren. Der Platz gehörte zum alten Berliner Stadtteil Stralauer Vorstadt, einem kaiserzeitlichen Industrie- und Arbeiterviertel. Die in Newmans Bild zerstörten Mietskasernen aus der Vorkriegszeit waren auch Inspiration und Heimat von Heinrich Zille, der ab 1867 in der Kleinen Andreasstraße wohnte. Heute ist die Straßenkreuzung des ehemaligen Andreasplatzes von Wohnungsplattenbau aus den 1960er und 1970er Jahren geprägt.
Tiergarten
Hansaviertel
Das 1874 gegründete alte Hansaviertel wurde im Zweiten Weltkrieg weitestgehend zerstört, auch die zwischen 1892 und 1895 von Johannes Vollmer im neogotischen Stil erbaute Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche, deren Ruine 1954 gesprengt wurde. Im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 1957 begann der Wiederaufbau des schon seit 1953 geplanten südlichen Hansaviertels als städtebauliche „Mustersiedlung“, ein hervorragendes Beispiel der Nachkriegsmoderne, der „aufgelockerten und durchgrünten“ Stadt. In diesem Zusammenhang entstand auch die neue Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche als moderner Kirchenbau nach Plänen von Ludwig Lemmer.
Charlottenburg
Berliner Straße / Otto-Suhr-Allee
Die Berliner Straße (seit 1957 Otto-Suhr-Allee) führt von Schloss Charlottenburg über einen Knick am „Knie“ (heute Ernst-Reuter-Platz) direkt ins Zentrum Berlins. Diesen Weg nahm die von Norden auf Berlin marschierte 1. Polnische Armee in den letzten April-Tagen 1945. Unterstützt von sowjetischen Panzern, kämpfte sie sich den Weg gegen teils erbitterten Widerstand frei. Dabei versanken fast alle Gebäude, die den alliierten Bombenkrieg überdauert hatten, in Trümmer. Außer dem Rathaus Charlottenburg wurde nach dem Krieg nur wenig wiederhergestellt. Die meisten Gebäude entstanden neu.
Tauentzienstraße
Wie auf Newmans Bild zu sehen ist, haben die Häuser der Tauentzienstraße im Zweiten Weltkrieg schwer gelitten. 1862 als Wohnstraße geplant, begann mit dem Bau des KaDeWe im Jahre 1907 die Entwicklung zu einer der bekanntesten Einkaufsstraßen Berlins. Als 8-Jährige zog Marlene Dietrich mit ihrer Mutter in die Tauentzienstraße 13. Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche wurde 1895 nach Plänen von Franz Schwechten fertig gestellt. Der 1961 unter Einbeziehung der Ruine des Hauptturmes als Mahnmal fertig gestellte Neubau ist ein Kompromiss zwischen den Plänen des Architekten Egon Eiermann und den Wünschen der Bürger.
Wilmersdorf
Wittenbergplatz
Der Wittenbergplatz wurde 1892 angelegt und erhielt seinen Namen nach der Schlacht von Wittenberg gegen die napoleonischen Truppen. Die Eröffnung des gleichnamigen U-Bahnhofes erfolgte 1902 nach Plänen von Paul Wittig. Im Hintergrund links das 1907 vom Unternehmer Adolf Jahndorf „für die oberen Zehntausend“ eröffnete Kaufhaus des Westens des Architekten Johann Emil Schaudt. Sowohl der U-Bahnhof von Alfred Grenander aus dem Jahr 1913 als auch das KaDeWe erlitten schwere Kriegsschäden, sind aber zwei der wenigen wieder in Stand gesetzten Gebäude in der Umgebung des Wittenbergplatzes.