/ 
Symbolfoto: Ost-Berlin hat in der Literatur zahlreiche Spuren hinterlassen.
© Pixabay | Foto: Pexels

Ost-Berlin in der Literatur

In zahlreichen Büchern hat der Osten der geteilten Stadt literarische Spuren hinterlassen. Mal setzen sie sich mit dem Alltag in der Diktatur auseinander. Mal ist die Stadt der Schauplatz, an dem das Leben der Menschen erzählt wird. Mal bestimmen großstädtische Erfahrungen Stil und Haltung der Schreibenden. Aber immer wird die Stadt dabei selbst zur Akteurin.

Stefan Heym

Der König-David-Bericht
Berlin: Buchverlag Der Morgen, 1973

Der alttestamentarische Historiker Ethan ben Hoshaja erhält von König Salomo den Auftrag, einen beschönigenden Bericht über das Leben des musikliebenden Despoten König David zu schreiben: „Unsre Aufgabe ist es, die Größe unsres Zeitalters zu widerspiegeln, indem wir einen glücklichen Mittelweg wählen zwischen dem, was ist, und dem, was die Menschen glauben sollen.“ Doch wie Stefan Heym hat auch Ethan ben Hoshaja „eine Schwäche für die Wahrheit“. So wird der Bericht zu einer vielschichtigen Satire über das Schreiben in der Diktatur.
Buchcover von „Der König David Bericht“
© Buchverlag Der Morgen

Franz Fühmann

Zweiundzwanzig Tage oder die Hälfte des Lebens
Rostock: Hinstorff Verlag, 1973

Buchcover von „Zweiundzwanzig Tage oder die Hälfte des Lebens“
Dieses Tagebuch einer Ungarnreise ist für Franz Fühmann weit mehr als nur eine Betrachtung über die Lebensweise und Literatur des Landes. Es ist auch ein literarischer Neubeginn nach einer existentiellen Lebenskrise, ausgelöst vom Einmarsch des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei 1968. Von den zunehmenden gesellschaftlichen Konflikten desillusioniert, begibt sich der 50-Jährige auf die Suche nach seiner Identität und seiner Rolle als Schriftsteller in der sozialistischen Gesellschaft.Dieses Tagebuch einer Ungarnreise ist für Franz Fühmann weit mehr als nur eine Betrachtung über die Lebensweise und Literatur des Landes. Es ist auch ein literarischer Neubeginn nach einer existentiellen Lebenskrise, ausgelöst vom Einmarsch des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei 1968. Von den zunehmenden gesellschaftlichen Konflikten desillusioniert, begibt sich der 50-Jährige auf die Suche nach seiner Identität und seiner Rolle als Schriftsteller in der sozialistischen Gesellschaft.

Christa Wolf

Unter den Linden
Berlin und Weimar: Aufbau-Verlag, 1974

Buchcover von „Unter den Linden“
Die Erzählerin läuft im Traum die berühmte Prachtstraße entlang, durchquert verschiedene Zeitebenen und trifft reale wie fiktive Wegbegleiter:innen. So werden die Straße und ihre Gebäude zum Ausgangspunkt für eine intellektuelle Sinnsuche in den 1960er Jahren. Unter den Linden ist eine viel zu wenig beachtete Erzählung Christa Wolfs, die an sprachlicher Schönheit und inhaltlicher Dichte ihren anderen Werken nicht nachsteht.

Irmtraud Morgner

Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura
Berlin und Weimar: Aufbau-Verlag, 1974

Buchcover von „Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz“
Der staatlich verordneten Gleichberechtigung der Geschlechter stellt Irmtraud Morgner einen fantasievollen und in seiner Form einzigartigen Roman gegenüber. Wichtige zeitgenössische Debatten – wie die 1968er Bewegung im Westen und die Abschaffung des Abtreibungsparagrafen in der DDR – stehen im Mittelpunkt der Begegnung der titelgebenden Minnesängerin mit einer Triebwagenführerin in Ost-Berlin.

Sarah Kirsch

Rückenwind. Gedichte
Berlin und Weimar, Aufbau-Verlag, 1976

Buchcover von „Rückenwind“
Sarah Kirschs letzter in der DDR veröffentlichter Gedichtband ist von zeitloser Poesie. Sie verarbeitet darin die Trennung von ihrem Geliebten, dem West-Berliner Schrifsteller und Grafiker Christoph Meckel. Imaginär an die Dichterin Bettina von Brentano (die spätere Bettina von Arnim) gewandt, schreibt sie: „Dieser Abend, Bettina, es ist / Alles beim alten. Immer / Sind wir allein wenn wir den Königen schreiben / Denen des Herzens und jenen / Des Staates.“

Günter Kunert

Drei Berliner Geschichten.
Berlin und Weimar: Aufbau-Verlag, 1979

Buchcover von „Drei Berliner Geschichten“
Das Buch erzählt von Heimat und Exil, von den Spuren verlorengegangener Menschen in der Stadt und vom menschlichen Überleben in einer absurd bürokratischen Welt. Zeichnungen des Autors illustrieren diese lyrischen Geschichten. Sie unterstreichen seinen Ruf als melancholisch-pessimistischen und „früh entheimateten Menschen“, so Günter Kunert über sich selbst.

Uwe Kolbe

Hineingeboren. Gedichte
Berlin und Weimar: Aufbau-Verlag, 1980

keine Abbildung vorhanden
Das lyrische Erstlingswerk von Uwe Kolbe ist melancholisch und verletzlich, wütend und harsch. Schnell wurde es als die Stimme einer Generation wahrgenommen, die den gebrochenen Versprechungen einer besseren Welt eine radikale Subjektivität entgegensetzt.

Buchcover von „Wadzeck
© Rohwolt Verlag

Kurt Bartsch

Wadzeck
Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1980

Paul Wadzeck, die Titelfigur dieses Buches, ist ein literarischer Bruder des Franz Biberkopf aus Alfred Döblins Roman „Berlin Alexanderplatz“. Bartsch erzählt seine Geschichte in einer Mischung aus literarischen Montagen, Milieusprache und Schlagerliedern, Werbe- und Amtssprache, sodass auch hier die Stadt zur Protagonistin wird. Diese wenig optimistische DDR-Gegenwart wird um eine historische Dimension über den Aufbau der DDR ergänzt, die ebenfalls menschliche Abgründe und Verfehlungen in den Blick nimmt. Bartschs Weggang aus der DDR führte dazu, dass der Roman zuerst in der Bundesrepublik veröffentlicht wurde.

Irina Liebmann

Berliner Mietshaus
Halle: Mitteldeutscher Verlag, 1982

Buchcover von „Berliner Mietshaus“
Eine literarische Reportage über die Bewohnerinnen eines Hauses in Prenzlauer Berg, in dem die Befragten über ihre Sorgen und Freuden berichten. Offen und einfühlsam gibt Irina Liebmann ihnen eine Stimme.

Christoph Hein

Der fremde Freund
Berlin und Weimar: Aufbau-Verlag, 1982

Buchcover von „Der fremde Freund“
Eine junge Ärztin ist der Welt entfremdet. Für einige Zeit begleitet sie ihr Nachbar als fremder Freund, doch helfen kann er nicht. Der große Erfolg von Heins Debut-Roman in beiden deutschen Staaten lässt ahnen, dass diese Entfremdung nicht nur dem Sozialismus eigen ist, sondern auch in der modernen Industriegesellschaft empfunden wird.

Bernd Wagner

Reise im Kopf
Berlin und Weimar: Aufbau-Verlag, 1984

Buchcover von „Reise im Kopf“
Die im Titel genannte Reise findet im Traum, im Halbschlaf sowie in kurzen Erzählungen und Anmerkungen statt. Wagners poetische Traum- und Selbstbefragungen versuchen zu ergründen, was sich hinter den Grenzen befindet, die die DDR ihren Bewohner:innen setzt.

Fritz Rudolf Fries

Alexanders neue Welten
Berlin und Weimar: Aufbau-Verlag, 1982

Buchcover von „Alexanders neue Welten“
Zwei Freunde: Der eine, Ole Knut Berlinguer, ist ein Simultandolmetscher, der in die Welt hinausfahren darf. Der andere, Dr. Alexander Retard, ist Historiker an der Ost-Berliner Akademie der Wissenschaften und darf nicht reisen. Damit Retard aber weiß, wie es in der Welt außerhalb der DDR aussieht, spricht Berlinguer seine Reiseeindrücke auf Tonband. Aus diesen Perspektiven blickt der geistreiche Schelmenroman auf die kleine DDR und die große Welt.

Emine Sevgi Özdamar

Seltsame Sterne starren zur Erde
Köln: Kiepenhauer & Witsch, 2003

Buchcover von „Seltsame Sterne starren zur Erde“
Eine junge Türkin braucht das Theater wie die Luft zum Atmen. An der Volksbühne in Ost-Berlin findet sie Gleichgesinnte. Die Liebe zum Schauspiel und die Beobachtungen über den Alltag sind berührend.

Mehr über Ost-Berlin